Int. Alpengipfel 24 im Hochtal Wildschönau – Teilnehmer aus Österreich, Südtirol, Bayern und Graubünden zeigten sich vom Bergbauernmuseum begeistert.
Der Alpengipfel 2024 in der Wildschönau, ein länderübergreifender Austausch zu den aktuellen Herausforderungen und Zukunft der Almwirtschaft. Im Bergbauernmuseum z’Bach ging der diesjährige Alpengipfel über die Bühne. Nachdem in den Vorjahren Bayern und Südtirol die Gastgeber waren, lud heuer der Verein zum Schutz und Erhalt der Land- und Almwirtschaft zu einem überregionalen Austausch nach Tirol.
Stellenwert Alm
In drei Themenblöcken diskutierten an diesem Vormittag Expert:innen sowie politische Vertreter:innen zu unterschiedlichen Themen, die die Almwirtschaft betreffen. Aus Österreich waren BM Norbert Totschnig, EU-Abgeordnete und WK-Präsidentin Barbara Thaler, Alpenvereins-Generalsekretär Clemens Matt sowie LH-Stv. Josef Geisler der Einladung gefolgt. Aus Südtirol konnte Bauernbund-Obmann Daniel Gasser mit einer Delegation begrüßt werden, aus Bayern waren Europaminister Eric Beißwenger und der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes Günther Felßner mit bäuerlichen Vertreterinnen und Vertretern dabei.
Die verschiedenen Themen wurden in drei Blöcke gegliedert, gestartet wurde mit der Herausforderung, auch in Zukunft noch genügend Vieh für die Bewirtschaftung der Almen aufzutreiben. Dazu gab Josef Obweger, Obmann des Österreichischen Almwirtschaftsvereins einen Impuls, anschließend diskutierten Berglandmilch-Obmann Stefan Lindner und Vereinsobmann und LK-Präsident Josef Hechenberger. Besonders die aktuelle Umsetzung der Haltungskennzeichnung für den Lebensmitteleinzelhandel und die damit drohende Schlechterstellung von klassischen Kombinationshaltungsbetrieben prägte das Gespräch. Hechenberger stellte allerdings klar: „Wir brauchen im Berggebiet die Almwirtschaft auch in Zukunft und müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, damit die Viehhaltung Bestand hat.“
Unterschiedliche Interessen
Im Zweiten Block ging es um Interessenskonflikte verschiedener Nutzergruppen. Dazu informierte Theresa Mitterer-Leitner, Hochschuldozentin des MCI, über die aktuelle Situation auf Tirols Almen und ihren Stellenwert für den Tourismus. Anschließend diskutierten EU-Abgeordnete Barbara Thaler, Alpenvereinsgeneralsekretär Clemens Matt und der Schweizer Seilbahnpionier Leo Jeker über die unterschiedlichen Zugänge. Dabei wurde vor allem Wertschätzung, Verständnis und Respekt gegenüber der Almwirtschaft gefordert. Dies sei die Grundlage dafür, dass die Almen auch in Zukunft ein gutes Angebot für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft gewährleisten.
Herausforderung Großraubtiere
Im dritten Themenblock ging es um die Problematik Großraubtiere und ihre Auswirkung auf die Almwirtschaft. Dazu informierte Gregor Grill von der LK Salzburg in einem Kurzreferat über die aktuelle rechtliche Situation.
Die unterschiedlichen Zugänge der einzelnen Gruppen zu diesem Thema vertraten Max Rossberg, Gründer der European Wilderness Society, Franz X. Gruber vom Tiroler Jägerverband und Elmar Monz, Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereines. In einer lebhaften Publikumsdiskussion wurden die unterschiedlichen Ausgangslagen der jeweiligen Staaten deutlich, das gemeinsame Ziel, die Interessen der Almwirtschaft noch stärker zu positionieren unterstrichen anschließend auch BM Norbert Totschnig und der Bayerns Europaminister Eric Beißwenger in ihren Statements.
Maßnahmen nötig
Vereinsobmann Josef Hechenberger und sein Stellvertreter und Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereines Elmar Monz haben gemeinsam mit Daniel Gassner vom Südtiroler Bauernbund und Günther Felßner vom Bayerischen Bauernverband eine Resolution an die Minister übergeben. Darin werden unter anderem Anreize zum Auftrieb, die Absicherung der Kombinationshaltung, Unterstützung bei der Bewusstseinsbildung und Besucherlenkung sowie beim Großraubtiermanagement gefordert. Der diesjährige Alpengipfel war damit ein Impuls, um künftig überregionale Allianzen noch besser zu nutzen und den Herausforderungen und Bedürfnissen der Almwirtschaft auf EU-Ebene mehr Gewicht zu verleihen
v.l.: Vereinsobmann und LK-Präsident Josef Hechenberger, LH-Stv. Josef Geisler, BM Norbert Totschnig, Europaminister Eric Beißwenger, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes Günther Felßner, Obmann des Südtiroler Bauernbundes Daniel Gasser und Obmann des Tiroler Almwirtschaftsvereins Elmar Monz.
Die illustere Runde nach einer lebendig geführten Diskussion.
Bundesminister Norbert Totschnig und EU-Minister Eric Beißwenger – Deutschland
Leo Jeker – Seilbahnpionier Graubünden, Barbara Thaler – WK- Präsidentin Tirol, Alpenvereins-Generalsekretär Clemens Matt, Theresa Mitterer-Leitner, Hochschuldozentin des MCI,
Berglandmilch-Chef Stefan Lindner, Josef Obweger, Obmann des Österreichischen Almwirtschaftsvereins und LK-Präsident Josef Hechenberger
Eine junge Generation von Caterer stellten sich heute im Bergbauernmuseum z‘ Bach vor:
Sophie (Mitte) und Peter (2.v.r.) managen das WANDERLOKAL mit Sitz in Westendorf, Vater Peter (2.v.l) hilft fleißig mit. Von den tollen Leistungen der neuen Caterer konnten sich LK-Präsident Josef Hechenberger (links) und LH-Stv. Josef Geisler im Museum restlos überzeugen.
Alle Fotos: Toni Silberberger
Resolution zum Alpengipfel
Unterstützung der Alm- und Alpwirtschaft, insbesondere Stärkung des Auftriebes von Rindern, Kühen, Schafen, Ziegen und Pferden zur Aufrechterhaltung der Almen
Eine der größten Herausforderungen der Alm- und Alpwirtschaft ist ganz klar der (schleichende) Rückgang der aufgetriebenen Tiere. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass Alm- und Alpflächen verbuschen, Altgrasmatten entstehen, die Kulturlandschaft abnimmt und damit auch die Biodiversität schwindet. Auch verliert der (Alm-)Boden seine Schutzfunktion und die Gefahr von Naturkatastrophen steigt. Aufgelassene Almflächen wirken sich auch negativ auf die Freizeit- und touristische Nutzung aus.
Anreiz zum Auftrieb
Zur Stärkung der Almen und Alpen benötigt es für die Tierbesitzer einen stärkeren Anreiz zum Auftrieb und für die Almverantwortlichen verbesserte Rahmenbedingungen.
Die Vertreter der Alm- und Alpwirtschaft fordern von der Politik eine Verstärkung der Unterstützung der Berglandwirtschaft im Rahmen der nationalen Umsetzung der EU- Agrarpolitik. Zudem bedarf es je Mitgliedstaat konkrete Maßnahmen für Vereinfachungen und Entlastungen. Für Österreich ist dazu unter anderem eine weitere Anpassung der Alpungs- und Behirtungsprämie und eine Ausweitung der aktuell geltenden 2-GVE-Bestoßungsgrenze pro Hektar Futterfläche, insbesondere für niedrig gelegene Almen erforderlich. Für alle von der alpinen Berglandwirtschaft geprägten Regionen braucht es neue Investitionsförderungen zum Ausbau und Erhalt der erforderlichen Infrastruktur (Gebäude, Wege, Energie- und Wasserversorgung,
technische Einrichtungen), eine Unterstützung zum Aufwand für Alm- und Alppersonal (Hirten, Senner) sowie ein vermehrtes Angebot für die Ausbildung und Rekrutierung von geeignetem Personal. Auch eine stärkere Unterstützung bei der Vermarktung von Almprodukten ist für die Aufrechterhaltung der Almbewirtschaftung unerlässlich.
Absicherung der Kombinationshaltung
Bekanntlich ist die vor allem im Berggebiet noch sehr weit verbreitete „Kombinationshaltung“ ein Garant für den Auftrieb von Rindern, insbesondere von Milchkühen auf Sennalmen. Die in den jeweiligen Regionen von Bayern, Tirol und Südtirol aktuell bestehenden Formen der Kombinationshaltung müssen dauerhaft zugelassen bleiben und fortgeführt werden. Damit steht diese tiergerechte Haltungsform in einem sehr engen Zusammenhang mit der Absicherung einer flächendeckenden Bestoßung der Almen und Alpen.
Die Vertreter der Alm- und Alpwirtschaft fordern zum einen eine verstärkte Bewusstseinsbildung beim Handel und bei den milchverarbeitenden Betrieben über die hohe Bedeutung der regional jeweils bestehenden Formen der Kombinationshaltung für die Alm- und Alpwirtschaft; zum anderen benötigt es dringend eine Ausweitung der Investitionsförderung für Stallbauten auch zur Umsetzung von bereits geltenden Vorgaben. Gerade im Berggebiet sind Kosten und Aufwand für Stallneubauten oder Umbauten sehr groß, eigentlich ohne angemessene Fördergelder wirtschaftlich nicht umsetzbar.
Unterstützung bei der Bewusstseinsbildung und Besucherlenkung
In den letzten Jahren hat die Nutzung der Almen und Alpen für touristische Zwecke und die Freizeitgestaltung der heimischen Bevölkerung (Wandern, Outdoor-Sport) enorm zugenommen, ein Abnahme dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. So werden die Almen und Alpen vermehrt als Sport- und Erholungsraum genutzt, was sich unmittelbar nicht zum Vorteil der Alm- und Alpbewirtschaftung auswirkt (Erschwernisse in der Bewirtschaftung, Verschmutzung der Alm- und Alpflächen, Zwischenfälle mit Weidetieren, Hundeproblematik, etc.). Die wichtige Bedeutung und Rolle der Alm- und Alpwirtschaft gerät dabei immer häufiger in Vergessenheit und wird oft als vernachlässigbar abgetan.
Die Vertreter der Alm- und Alpwirtschaft fordern eine stärkere Unterstützung bei der Bewusstseinsbildung „pro Berglandwirtschaft“, insbesondere eine verstärkte Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Tourismus für ein stärkeres Bewusstsein über die Bedeutung der Almen und deren ureigenen Sinn, nämlich die Bewirtschaftung mit Weidevieh. Darüber hinaus benötigt es eine Weiterentwicklung der Lenkung von Nutzer- und Besucherströmen und geeignete Maßnahmen, um aufkommende Konflikte zwischen Bewirtschaftung und Benützung von Almen und Alpen weitestgehend eindämmen zu können.
Unterstützung bei der Implementierung eines aktiven Managements für Großraubtiere (z.B. Wolf, Bär)
Die Wiederansiedelung der Großraubtiere (z.B. Wolf, Bär) schreitet unaufhaltsam voran und stellt die Almwirtschaft vor fast unlösbare Herausforderungen und Problemstellungen. Die zwischenzeitlich bekannte, fortschreitende Entwicklung der enormen Zunahmen bei Vorkommen von Bär, Wolf, Luchs und Schakal sowie von Rissereignissen bei allen Viehgattungen (nicht nur Schafe) fordert ein aktives Management durch Entnahmen zur Regulierung bzw. Verhinderung der weiteren Ausbreitung dieser Großprädatoren. Bekanntlich steht derzeit der rechtliche Schutzstatus dieser Raubtiere solchen Maßnahmen entgegen, obwohl sich die Erhaltungszustände stark verbessert haben und keine Gefahr eines Aussterbens dieser Tiere mehr besteht. Im Gegenteil – im Falle eines unterbleibenden Entnahmemanagements besteht die Gefahr, dass unsere Almen aufgegeben werden und damit sich auch die Viehhaltung im Tal rückläufig entwickelt.
Die Maßnahmen-Verordnungen einzelner Bundesländer waren erste wichtige Schritte für ein notwendiges Entnahmemanagement und zeigen bereits Wirkung. Dennoch benötigt es den nächsten Schritt und es muss der europarechtliche Schutzstatus dieser Raubtiere (des Wolfes) gesenkt werden, um ehestmöglich aktive und unbürokratische Regulierungen vornehmen zu können.
Die Vertreter der Alm- und Alpwirtschaft fordern die politischen Vertreter und zuständigen Stellen auf, gesetzliche Grundlagen für ein aktives Entnahmemanagement für Großprädatoren zu schaffen, insbesondere die Senkung des europarechtlichen Schutzstatus entschieden voranzutreiben, um deutlich mehr Handlungsspielraum für eine nachhaltige Regulierung dieser Großraubtiere und damit für eine Aufrechterhaltung der Alm- und Weidewirtschaft schaffen zu können.
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