Heute in der Tiroler Tageszeitung: Arztmisere: „Vorgehen stümperhaft“
Der drohende medizinische Notstand ist Tagesgespräch im Hochtal Wildschönau. BM Rainer Silberberger nimmt Land, Ärztekammer und Gebietskrankenkasse in die Pflicht.
Von Mario Zenhäusern
Wildschönau – Wenn nicht rasch etwas passiert, sind an die 5000 Pflichtversicherte in der Wildschönau Anfang Juni ohne ärztliche Versorgung. Wie in der TT am Sonntag exklusiv berichtet, geht der eine praktische Arzt mit Ende März in Pension, der andere schließt seine Ordination am 7. Juni. Seit Bekanntwerden dieser Tatsache geht es rund in der Tourismusgemeinde. Auf der lokalen Internetseite Wildschönau News lassen besorgte Bewohner des Hochtals seither ordentlich Dampf ab.
Der Tiroler Tageszeitung gegenüber nimmt nun Bürgermeister Rainer Silberberger erstmals Stellung zur Causa. Auch er ist mächtig verärgert – nicht nur über die inakzeptable Situation an und für sich, sondern auch darüber, wie es dazu gekommen ist. „Dass wir auf einen Engpass zusteuern, war ja schon längst bekannt“, schimpft der Gemeindechef, der vor allem Ärztekammer und Gebietskrankenkasse (TGKK) „stümperhaftes Vorgehen“ hinsichtlich der Ausschreibung der frei werdenden Arztstelle vorwirft.
Als größten Klotz am Bein beim Aufbau einer adäquaten medizinischen Versorgung bezeichnet Silberberger die anspruchsvolle Dienstverpflichtung im Hochtal: „Wenn zwei Ärzte da sind, haben die jedes zweite Wochenende Dienst! Das ist auf Dauer schwer zum Aushalten.“ Seit zehn Monaten versuche er, von LR Bernhard Tilg Hilfe zu bekommen. Sein Plan ist nämlich, die Wildschönau in den Dienstplan der Nachbargemeinden Wörgl und Hopfgarten zu integrieren. Bisher aber verliefen alle Gespräche im Sand, und die Hilfe aus dem Büro Tilg lässt auch zu wünschen übrig.
Als Frotzelei empfindet er, dass ein Gespräch zwischen Gemeinde, TGKK und Ärztekammer auf 17. April angesetzt wurde: „Das ist für uns Wildschönauer zu spät. Zu dem Zeitpunkt ist einer der Ärzte bereits in Pension.“
Er jedenfalls weise jede Schuld an der inakzeptablen Situation von sich: „Es ist Aufgabe der Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer, für die ärztliche Versorgung der Menschen im Tal zu sorgen. Außerdem ist hier auch der Gesundheitslandesrat gefordert. Ich selbst kann ja nicht ins Krankenhaus fahren und einen Arzt in Handschellen in die Wildschönau entführen!“
Für die Ärztekammer spielt Klaus Schweitzer auf Wildschönau News den Ball an die Politik weiter: „Die Politik wurde schon lange gewarnt, dass es einen Ärztemangel geben wird und dass wir mit einem drohenden Landärztesterben konfrontiert sind.“ Politiker müssten erst mit dem Schädel gegen die Wand rennen, bevor sie zu denken beginnen, ärgert sich der Landärztevertreter: „Gott sei Dank ist die Wand nicht mehr weit entfernt.“
Werner Salzburger, Obmann der Gebietskrankenkasse, hat Wildschönau News gegenüber ebenfalls reagiert. Er sei von der nunmehrigen Dynamik überrascht und „menschlich ein wenig enttäuscht, dass man das auf dem Rücken der Patienten austrägt“. Er sei aber sicher, dass sich eine Lösung finden werde. Bereits diese Woche seien diesbezügliche Verhandlungen mit der Ärztekammer angesetzt.
BGM Rainer Silberberger: Es ist Aufgabe der Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer, für die ärztliche Versorgung der Menschen im Tal zu sorgen. Außerdem ist hier auch der Gesundheitslandesrat gefordert. Ich selbst kann ja nicht ins Krankenhaus fahren und einen Arzt in Handschellen in die Wildschönau entführen!“