„Ein Tal ohne Arzt“ – eine sehr sachliche Diskussion!
Rund 400 Interessierte kamen gestern Abend in die Halle der NMS Wildschönau um sich die Diskussion rund um das Thema „Ein Tal ohne Arzt“ anzuhören. Die Vorgeschichte: In Niederau soll eine öffentliche Apotheke aufsperren, die Folge daraus laut derzeitiger Gesetzeslage wäre, das beide niedergelassenen Ärzte früher oder später ihre Hausapotheken aufgeben müßten.
Und das wollen die Wildschönauer nicht so einfach hinnehmen. Zuviel hat man den Hochtalern in den nächsten Jahren schon weggenommen. Erst die Post, dann die Polizei und jetzt sollen auch noch die Ärzte ihre Hausapotheke verlieren, „nicht mit uns“, lautet die Devise aus der Wildschönau. Auf dem Podium saßen BGM Rainer Silberberger als Hausherr, Mario Zenhäusern – Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, Dr. Arno Melitopolus – Chef der Tiroler Gebietskrankenkasse, Dr. Klaus Schweitzer – Chef der Tiroler Landärzte und Dr. Martin Hochstöger – Präsident der Tiroler Apothekerkammer.
„Die Politiker aller Parteien müssen endlich handeln, sagt der ehemalige Spitzenpolitiker der ÖVP Dr. Sixtus Lanner. In die selbe Kerbe schlug auch Hans Mühlegger, der ihnen die „rote Karte“ zeigt. LA Dr. Bettina Ellinger berichtete von einem Beschluß innerhalb des ÖVP Clubs, wonach dieses Thema beim Juli-Landtag diskutiert werden sollte.
Ein Problem sieht Dr. Richard Lanner in der Angelegenheit „Erweiterung“ des Sprengels. Dies wäre ein erster Schritt um jungen Ärzten eine Stelle als Landarzt wieder einigermaßen attraktiv zu machen. Jede zweite Woche Dienst, das machen Ärzte heute nicht mehr mit, so die Meinung. Aus kaufmännischer Sicht hat TVB-Obmann Michael Unger Zweifel, ob sich eine solche Apotheke in der Wildschönau – wenn möglicherweise kein Arzt mehr vor Ort ist noch lohnt. Insgesamt 12.000 Menschen leben während der Saisonzeiten im Hochtal, und dies ganz ohne Ärzte – dies wäre ein Szenario dies man sich nicht vorstellen kann, sagt BGM Rainer Silberberger.
Bisher konnte noch jede Landarztstelle in Tirol nachbesetzt werden, sagt Dr. Hochstöger von der Apothekerkammer, „und verhungert ist auch noch kein Arzt auch wenn er keine Hausapotheke hat“, so der Apotheker weiter. Dr. Arno Melitopolus versichert seitens der Gebietskrankenkasse alles zu unternehmen was in deren Macht steht, wir werden gemeinsam eine Lösung finden, so der Direktor.
Knapp 2600 Unterschriften gegen die Schließung der Hausapotheken liegen nun dem Parlament vor, jetzt geht es in Begutachtung. Ob es im Herbst zu einer Gesetzesänderung kommen wird, steht in den Sternen, man darf gespannt sein, den dieses Problem betrifft ja auch andere Gemeinden und Bundesländer.
Die Diskussion die von Mario Zenhäusern perfekt geleitet wurde, war durchaus fair und betont sachlich.
Und zu guter letzt saß man beim „Dorferwirt“ wieder an einem Tisch, den mit dem „Reden kemman die Leit z’samm“. So darf man hoffen das man dieses Signal auch in Wien versteht, und zu einer guten Lösung kommt.
Hier der Film zum gestrigen Abend im Rahmen des TT-Forum:
ein tal ohne arzt from Toni Silberberger on Vimeo.
Hochkarätige Expertenrunde v.l.: Dr. Klaus Schweitzer, BGM Rainer Silberberger, Chefredakteur Mario Zenhäusern, Mag. Dr. Martin Hochstöger und Dr. Arno Melitopolus
Bestens besuchte Veranstaltung: Die Menschen wollen wissen wie es weitergeht.
Foto: Toni Silberberger
Leider war es auch mir, aus beruflichen Gründen nicht möglich, an der Diskussion teilzunehmen. In einem früheren Kommentar von mir, und als betroffener Gemeindebürger zu diesem Thema, sehe ich es wie Herr Veit Bachmann, dass man auf dem besten Weg ist, hier ein gut funktionierendes Gesundheitssystem zu zerstören. Ich habe auch volles Verständnis dafür, dass Herr Dr. Hochstöger als Präsident der Tiroler Apothekenkammer diese Interessen vertreten muss. Jedoch sollte auch ein Präsident der Apothekenkammer Tirol, die Größe, den Mut und den Weitblick haben, zuzugeben, dass seine beharrliche Haltung, gut für seine Berufsgruppe, aber sicher nicht für die Bewohner und Gäste der Gemeinde Wildschönau und dem jetzigen Gesundheitssystem im Tal von Vorteil ist. Niemand hat etwas gegen eine Apotheke, wenn diese auch wirtschaftlich ohne gesetzliche Verordnungen zu führen ist. Die Einwohner wollen nur, dass die ansässigen Ärzte Ihre Hausapotheke behalten dürfen, um damit den betroffenen Bürgern und Gästen, Wege und Zeit zu ersparen, und gleichzeitig den Ärzten die Möglichkeit zu gewährleisten, durch diese Einnahmen aus der Hausapotheke die Qualität unserer Landarztpraxen zu erhalten. Selbst wenn es gelingt, Ärzte ohne Hausapotheke in der Wildschönau widererwarten zu gewinnen, wird die Qualität dieser Praxen nicht mehr jenen Standard haben wie heute, weil wie es Dr. Bachmann logisch erklärt, damit das notwendige Geld für teure medizinische Untersuchungs- und Behandlungsgeräte fehlen wird. Unsere Gemeindepolitiker, die Initiativen rund um Dr. Lanner und Dr. Bachmann und die Unterstützung durch LA Dr. Bettina Ellinger haben in den vergangenen Monaten wirklich versucht, unsere Landesregierung aufmerksam zu machen, dass es hier augenscheinlich einen Fehler im System gibt, und es zu einer fatalen Entwicklung im ländlichen Bereich kommt. Ich frage mich jedoch, wo ist hier das Interesse der Tiroler Landesregierung von ÖVP und Grünen. Weder der zuständige Landesrat noch sein Vertreter haben es der Mühe wertgefunden sich dieser Diskussionsrunde zu stellen. Weiß man in der Landesregierung eigentlich noch, dass die Wildschönau eine Gemeinde von Tirol ist. In Wien wird beschlossen was für Landgemeinden und damit für die „Wildschönauer“ gut ist, und das wird derzeit von der Landesregierung 1:1 umgesetzt, ohne die Evaluierung eventueller Fehler im System zu erkennen und zu beseitigen. Wie kann man einer Gemeinde mit mehr als 4.100 Einwohner und einer Gemeindefläche von 97 km² und ca. 850.000 Gäste- Nächtigungen im Jahr, sang- und klanglos und ohne Unterstützung des Landes den Polizeiposten mit den Argumenten der Effizienz und Einsparung streichen, und gleichzeitig den Polizeiposten der Gemeinde Kundl (ca. 4.000 Einwohner aber nur 22 km² groß und kein Tourismusort) der vom Polizeiposten Wörgl in 5 min. und vom Polizeiposten Kramsach ebenfalls in 5 Minuten erreichbar ist, erhalten, wenn man bis Auffach von Wörgl mind. 20 min. und bis Thierbach mind. 30 min. benötigt. Als die Bevölkerung dagegen protestiert hat, wurde ein stellvertretender Landespolizeikommandant zur Information geschickt, damit sich niemand unserer höchsten zuständigen Landespolitiker mit diesem kleinen Bürgeraufstand abgeben muss. Ganz ähnlich sehe ich jetzt hier die Entwicklung in dieser Angelegenheit. Die Gesetzeslage hat für die Betroffenen im ländlichen Raum einen Fehler, der geschickt durch Kammerfunktionäre ausgenützt wird, und die entscheidenden Politiker im Lande, die unsere Anliegen in Wien vertreten sollten, werden sich dann melden, wenn schon alles gelaufen ist, und bedauern, dass es so gekommen ist. Einzig unserem ehemaligen Spitzenpolitiker und jetzigen Politikrentner Dr. Sixtus Lanner (ÖVP) kann man nach den Medienberichten in der TT, in dieser Angelegenheit Angagement und Anwesenheit bezeugen. Leid tut mir diese Entwicklung aber auch für alle privaten, kleinen und mittelständischen Tourismusunternehmen in der Wildschönau die immer wieder Investitionen tätigen, allen voran aber der Bergbahn Wildschönau die derzeit und in den vergangenen Jahren große Investitionen getätigt hat, um die Infrastruktur zu erneuen und zu verbessern, um damit dem wichtigen Wirtschaftszweig Tourismus Impulse zu geben und jetzt zusehen muss, wie eine gute öffentliche Infrastruktur für Sicherheit und Gesundheit, die für jeden Gast bei seiner Buchung mitentscheidend ist, Stück für Stück in der Wildschönau demontiert wird. Ich möchte mich den Worten von Dr. Sixtus Lanner anschließen, es ist höchste Zeit, für alle Parteien, Kammerfunktionäre und Politikern, eine einfache und gute Lösung zu finden und diese auffordern, nicht nur auf Ihre Interessen zu beharren, ansonsten kann ich nur sagen „Gute Nacht dem Land Tirol die Treue…“ was diese drohende Entwicklung für die Einwohner der Wildschönau, aber auch für den Tourismusbereich bedeutet.
Markus Ley
Ich habe mir jetzt diesen Ausschnitt von der Diskussion angesehen und ich finde es bedenklich dass sich nur 400 Wildschönauer/innen dazu eingefunden haben, brauchen die anderen keinen Arzt?? oder warum sonst diese in meinem Sinne geringe Beteiligung?
Werner Hohlrieder
Kitzbühel
warum vermietete die Bank dann diese Lokalität ausgerechnet an einen Apotheker???
Wegen eines schon länger geplanten Termins, bin ich am Dienstag leider verspätet zur Podiumsdiskussion dazu gestoßen. Nach Ansicht des Beitrages von Toni Silberberger, möchte ich noch dem Herrn Dr. Hochstöger eine Denkanstoß vermitteln. 2600 Unterschriften liegen bereits in Wien, hunderte Wildschönauerinnen und Wildschönauer haben sich nicht in der Hauptschule eingefunden um zu diskutieren, ob wir das brauchen, oder nicht brauchen, sondern um zu dokumentieren, dass wir eine öffentlichen Apotheke NICHT brauchen. Sollte dieser Umstand nicht zu verhindern sein, so sollte wenigstens den niedergelassenen Ärzten, die Weiterführung der eigenen Hausapotheken erlaubt sein. Und da wäre noch hinzuzufügen, dass mit der Öffnung einer öffentlichen Apotheke und mit dem damit verbundenen Zusperren der Arztpraxen, das bestens über Jahrzehnte funktionierende Gesundheitswesen in der Wildschönau, gefährdet ist.
Veit Bachmann